Fortbildung zum Thema Modellguss-Prothesen

Sicherlich wird niemand bestreiten, dass es völlig neue Horizonte eröffnen kann, wenn man mal wieder bereit ist, über den eigenen Tellerrand zu blicken. Ein besonderes Erlebnis in dieser Richtung war für mich kürzlich die Fortbildung „Planungsseminar gussklammerverankerter Zahnersatz“ von Prof. Dr. Klaus Böning in Hamburg. Auch ich glaubte fest, eine Klammerprothese ist die „Notfall-Lösung“ bei eingeschränktem Budget – weit gefehlt!

Zahnersatz – immer „weiß von 7 bis 7 – oben und unten“???

Wenn man sich aus der eigenen „Insel der Glückseligkeit“ nach draußen traut, fängt man doch schnell an, einfach mal nur zu staunen! Auf welchem Level findet Zahnmedizin in Deutschland eigentlich statt? Wer bezahlt das alles? Wer braucht das alles? Nach Urlaubsreisen durch Grönland, Schottland oder Tansania macht sich doch eine Unsicherheit breit, ob das zahnmedizinische Niveau in Deutschland für alle Zeiten das Maß aller Dinge bleiben wird – ich bezweifle das! Insofern ist ein Blick in die weite Welt auch in puncto Fortbildung ein sinnvoller Schritt – nirgends wird so viel hochwertiger, teurer, „unsichtbarer“ Zahnersatz eingesetzt wie bei uns in Deutschland!!! Die „weiße Zahnreihe von 7 bis 7 in Ober- und Unterkiefer“ ist das große Ziel für alle Patienten – immer sinnvoll??? Wussten Sie beispielsweise, dass Teleskop– oder Doppelkronen international als „German Crown“ bekannt sind?

„Klammerprothese ist was für arme Leute“

In Deutschland gilt die Klammer-Prothese als Zahnersatz für arme Leute – wackelig, sichtbar, unsexy! Deshalb fand auch keine Weiterentwicklung dieser Form von Zahnersatz mehr statt – aber anderswo!!! Prof. Böning zeigte uns ganz eindrucksvoll, welche Möglichkeiten einfacher und abnehmbarer Zahnersatz bietet, welche Vorteile er bringen kann und welche Entwicklungen von Klammern und Halteelementen in Deutschland bisher schlicht unbekannt geblieben sind. Horizonterweiterung – auch wenn mein Behandlungs-Schwerpunkt sicherlich auch in absehbarer Zukunft auf konservierender Zahnheilkunde und Endodontie bleiben wird.

„Metallfreie“ Versorgung aus medizinischen Gründen?

Bereits heute ist gerade für gesetzlich versicherte Patienten eine Klammerprothese die vorgeschriebene Standardversorgung sobald ein paar Zähne mehr fehlen. Diese Versorgung gilt als billig und wird auch nur billig bezuschusst – logischerweise verhindert dieser Teufelskreis jegliche Innovation! In anderen Ländern hat diese Innovation jedoch stattgefunden und Prof. Böning hat uns dies nahegebracht. Auch das Vorurteil, dass metallfreie Versorgungen per se besser seien, hat er argumentativ durchaus sinnig entkräftet. Diese „Metallfreiheit“ ist ein „gefundenes Fressen“ für die Marketingabteilungen der Dentalanbieter – welcher Patient würde denn auf einen Herzschrittmacher oder eine künstliche Hüfte verzichten, nur weil diese aus einem Metall sind (meist exakt aus denselben Legierungen wie abnehmbarer Zahnersatz!)???

„Digitaler Zahnersatz“ als Zukunftsvision?

Ein kurzer Ausblick führte auch zur Frage, ob digitale Techniken wie Fräsen oder Plotten nach digitalen Abdruck-Vorlagen demnächst zu wirklichen Fortschritten führen werden – klares Nein für abnehmbare Prothesen seitens Prof. Böning. Die Prothesen seien dreidimensional zu komplex und die elastischen und plastischen Eigenschaften von gegossenen oder gebogenen Halteklammern seien via 3D-Druck noch längst nicht umsetzbar!

Dr. Ron Tehsmer